Reformschub im schweizerischen Gesellschaftsrecht
Im Schweizerischen Gesellschaftsrecht hat sich in den vergangenen 15 Jahren viel verändert. Nachdem 2008 das grundlegend revidierte GmbH-Recht in Kraft gesetzt wurde, findet nun die Revision des Aktienrechts mit Inkraftsetzung verschiedener Neuerungen per 1. Januar 2023 ihren Abschluss. Auch das schweizerische Rechnungslegungsrecht sowie das Handelsregisterrecht wurden in den vergangenen Jahren grundsätzlich erneuert.
Im Gegensatz zur Situation in verschiedenen ausländischen Industrienationen, hat sich in der Schweiz die Aktiengesellschaft auch bei kleineren oder mittleren Unternehmungen als beliebte Form der Rechtsträgerschaft durchgesetzt. Dies ist insofern erstaunlich, als die Aktiengesellschaft nach der Idee des Gesetzgebers eine rein kapitalbezogene Gesellschaft mit wenigen personalistischen Elementen ist. Dies im Gegensatz zur GmbH, welche auf Verhältnisse mit einem geschlossenen Gesellschafterkreis zugeschnitten ist. Die Gründe dafür liegen unter anderem im früheren GmbH Recht mit seinen schwerfälligen gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen für wachstumsorientierte Unternehmungen. Diese Nachteile wurden mit der Gesetzesrevision 2008 in wichtigen Belangen beseitigt, weshalb die GmbH inzwischen einen deutlichen Aufschwung erlebte.
Die nun auf den 1. Januar 2023 vorgesehene Inkraftsetzung wichtiger Teile des neuen Aktienrechts nahm ihren Anfang im Jahr 2007. In langwierigen parlamentarischen Beratungen wurden Neuerungen beschlossen, welche unter anderem die Aktionärsrechte stärken und für mehr Transparenz sorgen. Die Denomination des Aktienkapitals kann neu in Auslandwährungen erfolgen, und zwar in Euro, USD, GBP oder Yen. Mit der Einführung des sogenannten Kapitalbandes, welches das vormalige genehmige Kapital ersetzt, wird indessen noch mehr Flexibilität im Bereich der Kapitalbeschaffung geschaffen.
Im Übrigen wurde an den Grundfesten des Aktienrechts aber festgehalten: Die Aktiengesellschaft bleibt eine kapitalorientierte Gesellschaft. Auch wurde die sogenannte „Einheit des Aktienrechts“ nicht aufgegeben, d.h. es gibt grundsätzlich keine wesentlichen Unterschiede der gesetzlichen Ordnung für börsenkotierte Publikumsgesellschaften und die Kleingesellschaft mit nur wenigen Aktionären. Zudem bleibt der Kapitalschutz in der Phase der Kapitalaufbringung wie auch während der Lebensphase der Gesellschaft ein zentrales Anliegen des Aktienrechts.
Mit der Inkraftsetzung des neuen Aktienrechts per 01. Januar 2023 findet ein grosser Reformschub im Gesellschaftsrecht, welcher die Schweiz nach der Jahrtausendwende erfasst hat, seinen vorläufigen Abschluss.